Fast eine Milliarde Menschen sind von Schlafapnoe betroffen, was zu teilweise minutenlangen Atemaussetzern im Schlaf führen kann. Das Syndrom betrifft bis zu 30% aller Senioren und wird mit Alzheimer in Verbindung gebracht.
Obwohl sie so häufig vorkommt, ist Schlafapnoe äußerst schwierig zu diagnostizieren. Patienten müssen in der Regel mindestens eine Nacht in einem Schlaflabor verbringen, um im Schlaf untersucht werden zu können. Beschwerden im Alltag, wie unruhiger Schlaf oder Schnarchen, fallen oft eher mild aus, wodurch viele Fälle unerkannt bleiben.
Wir haben uns mit James Lee von AmCad über das erste Verfahren unterhalten, das für die Diagnose einer obstruktive Schlafapnoe (OSA) KI einsetzt. AmCads Lösung diagnostiziert eine OSA auf Basis von Ultraschallbildern in nur 10 Minuten und wird am wachen Patienten durchgeführt - das Schlaflabor wird damit überflüssig.
James erzählte uns über:
- die Herausforderungen im Austausch mit Ärzten;
- wie AmCad in einem sich ständig veränderndem Markt wettbewerbsfähig bleibt;
- warum die Konkurrenz oft scheitert.
Ärzte von KI Lösungen überzeugen
Es ist nicht ganz einfach, Mediziner davon zu überzeugen, mit teilautomatisierten Lösungen zu arbeiten. Nach ihrer langjährigen und intensiven Ausbildung sehen sich Ärzte meist selbst am besten dazu in der Lage, richtige Diagnosen zu stellen. Einerseits trauen sie der KI nicht zu, eigenständige Entscheidungen zu treffen; andererseits sträuben sie sich gegen neue Technologien, die sie eines Tages ersetzen könnten.
AmCad betont daher ausdrücklich, dass ihre Tools die Arbeit des Arztes unterstützen, keineswegs ersetzen sollen. Ärzte, die mit KI-Tools in der Praxis nicht vertraut sind, tun sich oftmals schwer, diesen Unterschied zu erkennen.
Das beste Argument für den Einsatz KI-gestützter Tools ist die Automatisierung lästiger Routineaufgaben, wie z.B. der Protokollierung. James beleuchtet aber auch andere Bereiche, in denen KI-Tools helfen: Mithilfe von KI können beispielsweise potentiell interessante Bereiche einer Aufnahme in sekundenschnelle gekennzeichnet werden, sodass der Arzt nicht mehr mühselig nach winzigen Merkmalen suchen muss.
Damit eine Lösung am Ende den Bedürfnissen der Ärzte entspricht, ist ein medizinisches Team im Unternehmen unerlässlich. Dieses Team arbeitet eng mit Ärzten zusammen und erfährt so aus erster Hand von Frustrationen, Sorgen und Wünschen.
Wettbewerbsfähig bleiben
Im Team von AmCad befinden sich auch einige Ärzte, die eng in die Entwicklung neuer Verfahren und Tools eingebunden sind. Trotzdem ist es nicht einfach, auch andere Ärzte von den Produkten zu überzeugen. Da die Genehmigungsverfahren außerdem teilweise mehrere Jahre in Anspruch nehmen, ist es nicht einfach, mit dem sich ständig verändernden Markt Schritt zu halten.
AmCad legt daher großen Wert darauf, vor Ort zu sein und sich mit Medizinern persönlich auszutauschen. Unter anderem beobachten sie dabei die Arbeitsabläufe direkt am Arbeitsplatz, um die Problemstellungen möglichst ungefiltert nachzuvollziehen.
Viele vergleichbare Unternehmen scheitern in den entscheidenden Phasen
Damit ein KI-Unternehmen im medizinischen Bereich erfolgreich ist, muss es drei verschiedene Phasen durchlaufen.
- Phase 1 – Forschung und Entwicklung (F&E): Setzt einen oder mehrere kluge Köpfe voraus, die neue Ideen für ein Problem mitbringen.
- Phase 2 – FDA-Zulassung: Hier stehen Bürokratie und Formalitäten im Mittelpunkt.
- Phase 3 – Sales und Marketing: Am Ende muss sichergestellt werden, dass potentielle Kunden die Lösung kennenlernen und nutzen möchten.
James betont, dass einzelne Personen nur selten in allen drei Phasen gleich kompetent sind. Herausragende Wissenschaftler, die zu einer erfolgreiche Phase 1 beitragen, haben oft wenig Interesse an Phase 2. Gleichzeitig sind diejenigen, die sich gerne mit langwierigen Genehmigungsverfahren auseinandersetzen, nicht unbedingt die Besten darin, Begeisterung für das Produkt zu wecken.
Das bedeutet, funktionierende Teamarbeit ist das A und O. Keine Einzelperson, und auch kein einzelnes Team kann das eigene Ego in den Vordergrund stellen oder meinen, den gesamten Prozess dominieren zu können. Stattdessen muss jeder seine eigene Rolle kennen und wissen, an welchen Stellen der eigene Input gefragt ist.
Den Erfahrungen von James und AmCad nach bedeutet das auch, in den verschiedenen Entwicklungsphasen des Unternehmens auch unterschiedlichen Mitarbeitern die Führung zu übertragen. Anfangs wurde das Unternehmen ausschließlich von Personen mit langjähriger Erfahrung in Forschung und Entwicklung geleitet. Erst nach der Markteinführung übernahm der Geschäftsinhaber (mit Hintergrund in Unternehmensfinanzierung) die Unternehmensführung.
Die meisten Unternehmen scheitern an Phase 2, der FDA-Zulassung. AmCad war das erste Unternehmen mit einer von der FDA zugelassenen Ultraschalltechnologie auf dem Markt, was zu seinem Erfolg maßgeblich beitrug.
Nach dem ersten Produkt wird es einfacher
Für sein erstes medizinisches KI-Produkt benötigte AmCad von der Idee bis zur Produktion sieben Jahre. Dabei ging es um eine Lösung zur Identifizierung von Schilddrüsenknoten, einer der gängigsten Schilddrüsenerkrankung. James räumt ein, dass die Umsetzung dieser Lösung alles andere als einfach war.
Nachdem das erste Produkt komplett umgesetzt war, konnte AmCad jedoch die gewonnenen Erkenntnisse nutzen, um fünf weitere Ultraschall-Lösungen zu entwickeln. Die Erfahrungen im Umgang mit den FDA-Verfahren, mit der Arbeit in Kliniken zwecks Sicherstellung der Marktfähigkeit sowie mit der Optimierung einer Lösung halfen dem Team, den Prozess für die darauffolgenden Produkte stark zu beschleunigen.
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